Seit 15 Jahren gibt Alois Martha Selbstverteidigungstraining. Der Lengfurter findet: Noch nie war der Bedarf so groß wie jetzt, weil die Zeiten noch nie so schlimm waren. Trotzdem hat er kaum Zulauf. Warum nur? Ein Treffen.
Inhalt
Das ist Alois Martha
1980 ist Alois Martha zum Judo gekommen und leitet bereits seit über vier Jahrzehnten die entsprechende Abteilung des TV Marktheidenfeld. Seit 2009 trainiert er auch Kinder und Jugendliche in der Selbstverteidigung. Eine Aufgabe, die ihm längst ans Herz gewachsen ist. Martha ist 72 Jahre alt und wohnt in Lengfurt. Er ist verheiratet und hat einen Sohn und zwei Enkelkinder. Zeit seines Berufslebens hat er in der Elektrobranche und später als Reparateur im Außendienst gearbeitet, inzwischen ist er Rentner. Weil er aber mehrmals die Woche Trainingseinheiten leitet, ist er ziemlich gut ausgelastet. „Und solange ich fit bin, mache ich das auch – ohne Ende“, sagt Martha und lacht.
"Man darf nur keine Schlaftablette sein."
Martha zieht also seinen linken Schuh in der Eisdiele aus und lässt seinen Fuß unter dem Tisch kreisen. „Viele können das gar nicht“, sagt Martha und meint: Die Motorik, die Koordination, das Körpergefühl, all das ist bei Kindern und Jugendlichen nicht mehr derart selbstverständlich ausgeprägt, wie es vor zwei oder drei Jahrzehnten noch der Fall war. Im Prinzip, sagt Martha, könne jeder lernen, sich selbst zu verteidigen: „Man darf nur keine Schlaftablette sein.“ Ein typischer Satz für Martha. Er ist ein Mann der klaren Worte – und das ist es auch, was er vermisst in der, wie er es formuliert, „heutigen Zeit“.
Alois Martha streckt seinen Arm aus und bittet darum, ihn festzuhalten. „Fest“, sagt er, „richtig fest“. Es braucht Kraft, es soll ja ein realistisches Szenario sein, wie es auch an einer Bushaltestelle, im Park oder im Schulhof vorkommen kann. Ein Griff also an Marthas Handgelenk, maximaler Druck, um zuzupacken und es so schwer wie möglich zu machen, sich zu befreien, doch Martha braucht nur eine kurze Bewegung, um den Griff zu lösen. Dann lacht er. Ein Sommervormittag in Marktheidenfeld, die Sonne steht beinahe im Zenit, und Alois Martha, 72, sitzt in einer Eisdiele in der Innenstadt. Hier kommt er zwei- bis dreimal die Woche her, es ist sein Lieblingsladen. Martha bestellt einen Milchkaffee und spricht dann über das, was er am Ende des Gesprächs „mein Leben“ nennen wird. Als er das sagt, klopft er sich mit der flachen Hand auf die Brust, dorthin, wo sein Herz ist. Judo, Selbstverteidigung, Sport im Allgemeinen, das ist eine Herzensangelegenheit für ihn. Und deshalb braucht er nicht nur in diesem Augenblick seine Hände – Martha braucht sie während des gesamten Interviews. Wenn Alois Martha spricht, spricht er mit seinen Händen. Und manchmal, wenn es das Thema erfordert, nimmt er sogar seine Füße zur Hilfe.
"Ich bekomme fast jede Woche von den Mädchen mit, dass irgendwas passiert ist..."
Martha ist einer derjenigen, die schon der Meinung sind, dass es früher besser war. Vielleicht nicht alles und immer, aber grundsätzlich, findet er, könnte sich die sogenannte heutige Zeit eine Scheibe von der früheren abschneiden. Da wären zum Beispiel die Kinder und Jugendlichen. Wenn er ein Kind frage, wie es sich verteidige, wenn ein Mann es packen wolle, da höre er heutzutage immer wieder: „Dann trete ich ihm in die Eier.“ Oder: „Ich haue ihm in den Bauch, damit er umfällt.“ Martha lacht. „Ich sage zu dem Kind dann immer: ‚Okay, probier es mal bei mir‘.“ Wenn das Kind dann zuschlägt, sagt Martha nur: „Siehst du, ich stehe immer noch.“
Es soll eine Lektion sein, die Erfahrung, dass Selbstverteidigung gelernt sein will – und dass es eben nicht damit getan ist, einfach auszuholen und zuzuschlagen. Doch Kinder und Jugendliche, sagt Martha, überschätzten sich oft. Und sie bekämen von ihren Eltern auch nicht vorgelebt, wie sie sich zu verhalten haben. Die Erziehung, das ist ein großes Thema für Martha. Wenn er darüber spricht, geht sein Puls hoch. „Uns wurde noch beigebracht, andere Menschen zu grüßen und Bitte und Danke zu sagen“, sagt Martha, aber heute vernachlässigen viele Eltern die Erziehung.“ Den Sohn oder die Tochter zu formen, ihm oder ihr beizubringen, was sich gehört und was nicht, das falle mehr und mehr hinten runter. Und das sei auch der Grund, warum die Gesellschaft verrohe. Kinder und Jugendliche kennen kaum noch Grenzen, sagt Martha und leitet daraus etwas für die Selbstverteidigung ab: Aufgrund der zunehmenden Gewaltbereitschaft einiger Jugendgruppen und der mangelnden Erziehung sei der Bedarf, meint Martha in der Marktheidenfelder Eisdiele und fährt die Arme aus, noch nie so groß gewesen.
„Ich bekomme fast jede Woche von den Mädchen mit, dass irgendwas passiert ist“, sagt Martha, „mal ein Schubser im Bus, mal werden sie angebaggert.“ Und dann ist es eben wichtig zu wissen, wie man sich verhält. Wie man als Frau oder als Mädchen kritische Situationen löst.
"Es fängt mit dem Schreien an", sagt Martha, "die verbale Verteidigung ist das Wichtigste.
Damit kann man dem Gegenüber signalisieren, dass man nicht alles mit sich machen lässt. Viele können das aber gar nicht mehr. Wenn ich in einer Schule bin und sage, die Kinder sollen mal so laut schreien, wie sie können – da kommt kaum was.“
Martha arbeitet oft mit Schulen zusammen, mit der VHS, mit der Polizei. Früher ist er auch in Kindergärten gegangen, um auf die Selbstverteidigung aufmerksam zu machen und den Kindern Ratschläge an die Hand und an den Fuß zu geben, aber weil das Interesse ebenso nachlässt wie die Aufmerksamkeitsspanne der Kinder, hat er inzwischen Abstand davon genommen.
Sonst aber lässt er nichts unversucht, um Mädchen und Frauen für die Notwendigkeit der Selbstverteidigung zu sensibilisieren. Das Problem: Viele ziehen beispielsweise Fußball oder andere Sportarten vor. „Sie meinen, ihnen könnte nichts passieren“, sagt Martha, „das denken die meisten – bis ihnen eben doch was passiert.“ Aber dann ist es zu spät. Dann wäre man froh, die eine oder andere Technik bei Alois Martha gelernt zu haben. Und sei es nur, sich aus einem festen Griff ans Handgelenk zu befreien.
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